006 Optimismus

Die tragende Säule der Resilienz

Optimisten und Pessimisten? Zu welcher Welt fühlst du dich zugehörig? Ist für dich das berühmte Glas immer halbvoll oder halbleer, wenn du das bildlich auf dein Leben beziehst?

Als halb voll

Ich gebe zu, die Frage ist ein bisschen gemein, denn sie unterstellt, dass du dich grundsätzlich auf einer Seite der Medaille befindest. Unser Leben und die Herausforderungen darin sind aber so vielfältig und unterschiedlich, dass wir bei der Beantwortung der Frage eher sagen: „Ich bin meist optimistisch eingestellt“ oder „Es kann schon mal vorkommen, dass für mich das Glas auch mal halbleer ist“. Genau, und bei Letzterem kommt es dann eben darauf an, dass du weißt, wie du es, wieder füllst.

Achte einmal darauf: Optimismus ist ein Thema, das uns überall begegnet. Wie oft hast du schon von Freunden, Kollegen oder in der Familie den Mutmacher gehört: „Das wird schon gutgehen!“? Klar, steht ja auch so mit einem Augenzwinkern in §3 des Kölschen Grundgesetzes: „Et hätt noch immer jot jejange“ (Es ist noch immer gutgegangen).

Ob im Kölschen Grundgesetz oder in anderen Volksweisheiten steckt ein wahrer Kern, der für das Meistern von Herausforderungen und Krisenbewältigung gleichermaßen hilfreich ist – und für die Stärke deiner Resilienz, von der du aus den vorherigen Blog-Beiträgen schon weißt, dass du sie du aufbauen und trainieren kannst:

 Es ist für die seelische Widerstandskraft, sprich Resilienz, ungemein wertvoll, grundsätzlich anzunehmen, dass die Dinge einen positiven Verlauf nehmen.

Und wo sollen wir diesen Glauben hernehmen? Aus der Erfahrung!

Denke kurz daran, wie Kinder lernen. Sie probieren aus! Und wenn sie beim Probieren scheitern, dann versuchen sie es weiter. Hinfallen ist für sie kein Problem, das sie vom Weitermachen abhält. Und wenn sie positive Erfahrungen beim Lernen machen, dann stärkt es ihren Willen und ihre Lust, weiter zu lernen und voranzukommen. Und es ist nicht allein das neue Wissen, das sie stärkt, sondern das aus dem positiven Erlebnis resultierende sichere, positive Gefühl, etwas Neues zu beherrschen und gewachsen zu sein!

Dazu habe ich hier eine kleine Übung für dich als Erwachsener:

  • Schließe die Augen und denke an zwei Herausforderungen oder Krisen, die du in deinem Leben aus dir herausgemeistert hast. Bearbeite sie nacheinander!
  • Was hast du dafür getan, dass es gut ausging?

Sage am Ende laut: Ich habe die Herausforderung/die Krise gemeistert, weil ich …

  • Fühle nach, wie es sich für dich angefühlt hat, als du die Herausforderung gemeistert hattest? Beschreibe deinen inneren Zustand jetzt, wenn du dem nachgespürt hast!

Nicht schlecht, oder? Ich nehme an, dass du dich gerade gut fühlst. Recht so, klopf dir gern jetzt auf die Schulter und sage laut: „Das habe ich gut gemeistert!“

Wer auf Gesundheit Wert legt, sollte Optimist sein

Optimismus speist sich bei deinem aktuellen Gefühl aus der Übung daraus, dass du selbst etwas Wichtiges getan hast für den Erfolg, dass es nicht Schicksal, Zufall oder Vorsehung war. Du warst in deinen beiden Beispielen, die ich dich gerade gebeten habe aus deiner Vergangenheit zu beschwören – selbst wirksam – und du findest sicher noch mehr Beispiele! Du kannst zu jeder Zeit dir aus dem Stapel deiner positiven Erfahrungen das gute Gefühl holen, das du brauchst, um auch für die Zukunft daran zu glauben, dass die Dinge einen guten Verlauf für dich nehmen. Genau das bedeutet optimistisch zu sein!

Lachender Mann

Und optimistisch zu sein, diese Ressource stellt auch ein großes Plus für deine Gesundheit dar! In der Regel sind Optimisten die gesünderen Menschen mit weniger Depressionen und stressbedingten Krankheiten wie Bluthochdruck. Möglicherweise liegt die Ursache dafür auch im Hirnstoffwechsel. Unterschiedliche Gemütszustände sorgen für unterschiedliche biochemische Prozesse. Leider ist es so, dass negative Erlebnisse sich tiefer und schneller verfestigen als positive. Über den Daumen gepeilt ist es so, dass du etwa drei positive Erlebnisse brauchst, um ein schlechtes zu kompensieren. Grund genug, immer achtsam und auf der Suche nach den positiven Erlebnissen zu sein und sie fest in sich zu verankern! Optimisten leben auch länger, das ist wissenschaftlich belegt.

Der Neurowissenschaftler Raffael Kalisch („Der resiliente Mensch“, 2017) spricht vom PAS, dem positive appraisal style, auf Deutsch dem positiven Bewertungsstil, der positiven Grundhaltung, in der das Glas immer halbvoll, und nie halbleer ist.

Der positive Bewertungsstil wird einem nicht unbedingt in die Wiege gelegt, sondern muss kultiviert und trainiert werden (schau mal in den Blog 005 dazu!). Und du kannst dafür einiges aus dir heraus verändern, um deine positive Wahrnehmung zu stärken, etwa mit so einer Übung wie oben. Aber Obacht: Der Schlüssel liegt nicht allein im positiven Denken, es geht um die Emotionen!

Schlüssel

Optimismus ist mehr als positives Denken!

Positives Denken allein reicht nicht für Veränderung. Auch hierzu finden wir Passendes aus dem Volksmund: Einsicht ist der erste Weg zur Besserung. Aber eben nur der erste, das Erkennen ist das eine, und das Unterbewusstsein muss mitgehen, die Gefühlslage muss stimmig sein. Es sind die Emotionen, die entscheiden. Hilfreich dafür ist das Sammeln von positiven Erfahrungen und Erlebnissen. Schreibe sie gern am Ende des Tages in dein kleines Erlebnisbuch. Was waren die drei schönsten Erlebnisse des Tages und welchen Anteil hattest du daran? Optional noch dazu die Gefühlslage vorher und hinterher.

Trainiere also mit uns im Alltag deinen positiven Bewertungsstil (PAS), indem du das Entmutigende entlarvst mit der Frage: „Kann ich es nicht auch anders sehen?“ Da hörst du noch die augenzwinkernd mahnende Stimme aus dem Blog 002: Bedeutung wird gegeben! Du weißt ja: Was der eine lustig findet, nimmt der andere ernst.
Der französische Autor und Dramatiker Jean Anouilh drückt es eleganter aus:

Die Dinge sind nie so, wie sie sind.
Sie sind immer das, was du daraus machst.

Positiv auf Optimismus wirkt die Art des Tuns und des Sprechens

Mit entscheidend für die positive Grundhaltung sind nicht nur das Denken und die Emotionen, sondern auch das Tun. Alles, was du Gutes tust, auch dir selbst, wirkt auch gut auf dich und dein Wohlbefinden und deine Gesundheit zurück. Selbst so banale Dinge wie sich ein heißes Bad gönnen. Wenn es sich hinterher nicht gut anfühlt, dann stimmte vielleicht was mit dem Wasser nicht, es war zu heiß oder zu kalt, sicher aber war die Idee gut, weil du dein Wohlbefinden stärken wolltest! Gib also nicht gleich auf, sondern verfeinere deine Vorgehensweise und achte z. B. beim nächsten Mal auf die Wohlfühl-Wassertemperatur!

Badewannen

Selbst das Hinterfragen des Wie rede ich? gehört dazu. Spreche ich zu mir und anderen eher mit positiven Aussagen oder eher mit negativen? Sagst du eher „ich will!“ oder „ich muss!“? Und wie sprechen die anderen zu sich und zu mir? Schärfe den Blick dafür und übe! Du wirst merken, dass positive Ausdrucksweise, ein optimistisches Einschätzen der Zukunft, die besseren Gefühle erzeugt und das Wohlbefinden steigert. Damit ist nicht ständiges Schönreden gemeint! Was schlecht ist, darf auch als solches benannt werden. Und wenn du mit deiner bisherigen Haltung gut fährst und zufrieden bist, wenn du eine gesunde Skepsis hast und mit einiger Vorsicht gut lebst, dann musst du nicht zum gnadenlosen Optimisten mutieren.

Spannend ist, dass sowohl Mimik als auch Körperhaltung einen rückkoppelnden Einfluss auf den Grad der Zuversicht haben. Beobachte dich oder andere: Stehst du/die anderen aufrecht und gerade? Wo sind die Arme? Verschränkt oder offen? Und was zeigt das Gesicht? Ein Lächeln, oder sind die Mundwinkel nach unten gezogen?
Die Körpersprache ist immer auch äußeres Zeichen der Befindlichkeit, gleichzeitig aber auch ein Mittel, diese zu verändern. Probiere es aus: Lächle ohne Grund und spüre, was das auslöst. Lasse die Schultern nicht hängen, sondern mache dich gerade und atme tief ein. Und? Stellt sich darüber ein gutes bzw. besseres Gefühl ein? Bestimmt! Lachyoga macht sich diesen Effekt zunutze. Eine tolle Sache!

Du darfst du dir die rosa Brille also hin und wieder mal richtig schön aufsetzen und im guten Gefühl baden.

rosarote Brille

Die passende Übung dazu:

Unternehme deine Wunschreise und male sie dir in den schönsten Farben aus, den Strand, das Meer oder die Berge und den Himmel? Was gibt es Leckeres zu essen, wie sieht dein Hotel oder deine Unterkunft aus. Was macht sie perfekt für dich! Wen triffst du dort? Worüber lacht ihr, was unternehmt ihr Schönes? All das wird dir ein Lächeln aufs Gesicht zaubern und für ein gutes Gefühl sorgen. Und lass dir nicht von Miesmachern einreden, dass die Welt ja gar nicht so ist. Weißt du ja selbst, aber das Ausmalen ist einfach herrlich und für dich und deine Seele gut.

A bissl was geht immer!

Niemand ist vor Niederlagen geschützt und auch der größte Optimist kann mal im Frust stecken, vor allem, wenn Rückschlag auf Rückschlag folgt. Du bist dann wieder in der Spur, wenn schmerzvolles Scheitern in einen Lernprozess mündet, du also praktische Strategien im Schwierigkeiten meistern entwickelst. Und den Prozess mit der Hoffnung auf Gelingen verknüpfst. Gelingt es trotz eigener Ressourcen nicht im Alleingang? Dann helfen wir dir gern als deine Resilienz-Trainer.

Raffael Kalisch zieht dieses Fazit: „Es geht (also) darum, positive Rückkopplungsschleifen in Gang zu setzen … mit den drei P’s: positiv denken, positiv reden, positiv handeln.“ (Psychologie heute compact, Die Seele stärken, Seite 46, Beltz 2020).

Das alles zahlt auf den optimistisch-positiven Bewertungsstil ein und damit letztlich auf deine Resilienz. Und es ist nicht nur purer Eigennutz, es hilft auch den anderen, denn deine positive Haltung strahlt auf sie ab. Gute Laune ist ansteckend, sagt auch der Volksmund. Bei Ungewissheit einen positiven Verlauf der Dinge zu erwarten kann ebenfalls echt ansteckend sein!

Don’t worry, be happy!

Bis zum nächsten Mal, euer Thomas

 

# Blog 006 Optimismus

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Bildnachweis pixabay: alexandra, rudy und peter skitterians, nicolás borie williams, susanne jutzeler ch, michelle raponi, mabel amber

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