011 Stressbewältigung

Ohne Stress kein Leben!

In der Evolution war er der Antreiber für Entwicklung. Ein Überlebensprinzip, genannt Kampf, Flucht oder Schutz. Als Beispiel muss dafür immer wieder unser uralter Fluchtreflex herhalten. Angst vor dem Säbelzahntiger, das Ausschütten von Stresshormonen wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol, um kampfbereit oder schnell auf der Flucht zu sein oder sich zu schützen. Das sind die archaischen Wirkmechanismen von Stress. Sinnvoll, um zu überleben.

Stress ist gut im Sinne von Herausforderung. In diesem Fall spricht man von positivem Stress. Im Gegensatz dazu steht der negative Stress, der für den Menschen und seinen Körper eine Belastung ist, eine Überforderung ist!

Die Sportler wissen aber auch: Nach der Anspannung bzw. Herausforderung, also nach dem Stress, muss die Entspannung folgen, das Regenerieren. Heute wird im Spitzensport sehr viel mehr Wert auf Regeneration gelegt, um einer Überforderung, einer Verletzung etwa, aus dem Weg gehen zu können. Für die Psyche gilt dasselbe, wer geistig oder seelisch unter Stress steht, braucht anschließend eine Phase der Regeneration.

Akuter oder chronischer Stress – ein schmaler Grat!

Wir müssen also unterscheiden zwischen akutem und chronischem Stress, übersetzt: zwischen anregender Herausforderung und krank machender Überforderung, die bis zum Burn-out gehen kann. Chronische Unterforderung (medizinisch Bore-out) kann übrigens dieselben negativen Effekte haben.

Prof. Dr. Tobias Esch formuliert das in seinem Buch „Der Selbstheilungscode“ so: „Es ist fast schon eine Ironie des Schicksals, dass Stress das Leben erst möglich macht, zu viel Stress aber tatsächlich tödlich sein kann.“

Unser Problem heute ist: Dauerdruck im Job, ständige Erreichbarkeit, Lärm und Schadstoffe, ungesunde Ernährung, finanzielle Sorgen, familiäre Probleme. Vor allem in den mittleren Lebensjahren – wenn wir quasi auf der Autobahn des Lebens sind – bleibt oft kaum richtig Zeit zum Luftholen.

Es prasseln ständig diverse Stressfaktoren auf uns ein, das reicht von hektischen Menschen um uns herum, die uns „nur“ mit ihrem Stress buchstäblich anstecken bis hin zu existenziellen Bedrohungen wie Leistungsdruck, Jobverlust, schwerer Erkrankung oder Verlust eines Menschen. Aber auch belastende Erlebnisse, die wir emotional verarbeiten müssen, können unseren Körper in den Stressmodus versetzen.

Häufig werden wir erst dann aufmerksam, wenn sich der Stress beginnt, in Körpersignalen auszudrücken. Welche Signale das sein können erfährst du weiter unten im Text unter der Überschrift „Dem Dauerstress entgehen“. Studien haben diesen Zusammenhang nachgewiesen. Der Körperreaktion ist es egal, ob es sie durch den Kampf ums Überleben ausgelöst wurde oder durch einen anderen Stress-Reiz, den wir uns im Kopf ausmalen. Sie ist da und wirkt sich auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit aus.

Anti-Stress-Programme

Um uns und unseren Körper wieder in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen, können wir auf einen Mix unterschiedlicher Maßnahmen zurückgreifen, z. B.:

  • ausgewogene Ernährung
  • ausreichendes Maß Entspannung/Erholung/Bewegung
  • Stressauslöser erkennen und entmachten

Ernährung

Leider ist es häufig eine Begleiterscheinung unseres „Gestresstseins“, dass wir unsere Ernährung vernachlässigen. Oft arbeiten wir in den Pausen durch, ein vollwertiges Essen entfällt und – wenn überhaupt – gönnen wir unserem Körper nur einen schnellen Snack. Gleiches passiert abends, wenn wir erledigt von der Arbeit nach Hause kommen – „jetzt nicht auch noch Aufwand für ein gesundes Essen betreiben ...“

Wenn das „mal“ passiert, ist dies sicher noch kein Problem, aber wenn dieses Verhalten sich regelmäßig einschleicht, solltest du aufmerksam werden. Unser Körper kann nur das verwerten, was wir ihm zuführen, und wenn das immer häufiger nichts oder „Fast Food“ ist, lassen Mangelerscheinungen nicht lange auf sich warten.
Nicht selten gesellen sich zu den Stresssymptomen Defizite im Bereich der Vitaminversorgung hinzu, die zu weiterem Energieverlust führen. Du merkst bereits, dass das Thema Ernährung und Stress sehr komplex ist, daher werden wir ihm in einer der nächsten Folgen einen eigenen Blogbeitrag widmen. Hier und heute möchten wir dich aber bereits motivieren auf eine möglichst vollwertige, pflanzenreiche Ernährung zu achten!

Hier sei auch erwähnt, dass die Ernährung selbst, bzw. das, was wir zu uns nehmen, Stressreaktionen im Körper auslöst. Bestes Beispiel dafür sind Genussmittel, zu denen Alkohol gehört. Hier gilt wie fast immer: In Maßen geht’s gut, die Dosis macht das Gift.

Erholung und Bewegung

Erholung kann sehr individuell sein: ein warmes Bad, ein gutes Buch lesen, Meditation, gute Gespräche – einfach Dinge, bei denen du abschalten kannst und die dir guttun.

Zu dem großen Bereich der Erholung zählt auch Bewegung, körperliche Aktivität. Sport, sofern er nicht unter Leistungsdruck ausgeübt wird, ist das ideale Anti-Stress-Programm. Bei akutem Stress ist sportliche Aktivität Betätigung sowieso die beste Wahl, sie entlädt die negative Anspannung sozusagen. Physiologisch etwa dadurch, dass du ausgeschüttete Stresshormone über Bewegung im Köper abbaust. Innere Unruhe legt sich mit regelmäßiger Bewegung, der Kopf wird frei, weil beim Sport andere Hirnareale im Einsatz sind als bei der Informationsverarbeitung und bei Stress-Reaktionen. Wichtig ist, dass Bewegung positive Assoziationen bei dir auslöst, sie dir also Spaß macht. Such dir am besten etwas aus, dass du ohne großen Aufwand und ohne groß nachzudenken regelmäßig betreiben kannst. Das wirkt dem Stress optimal entgegen.

Entspannung ist also nicht mit Bequemlichkeit zu verwechseln, sondern beinhaltet auch diesen aktiven Part – selbst wenn ein Schläfchen auf der Couch auch sein gutes Werk tut ;-)

Dem Dauerstress entgehen – Stressauslöser entmachten

Manchmal sind wir aber schon so tief in der Stressfalle, dass wir fremde Hilfe benötigen, um Zusammenhänge zu erkennen und einen Ausweg aus dem Hamsterrad zu finden.

Im Sinne der Resilienz geht es darum, mit dem Stress im Leben gut umgehen zu können, achtsam zu sein und zu lernen, mit den Herausforderungen im Leben nicht in die Überforderung zu gehen. Letztlich darum, sich der Stressreaktionen bewusst zu sein und gesund zu bleiben.

Bereits zu Anfang der 2000er-Jahre hatte die Weltgesundheitsorganisation Stress als eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts eingestuft – mit vielen Ursachen und zahlreichen Folgen wie bereits oben erwähnt: Muskelverspannungen, Rücken- und Nackenschmerzen. Zu den schwereren Folgen von Dauerstress zählen Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magen- und Darmprobleme. Am Ende der Kette steht der Burn-out, aus dem wir uns – wie oben erwähnt – allein nicht mehr befreien können.

Aber keine Sorge, der Weg führt nicht zwangsweise in den Burn-out, wenn wir gut auf uns achtgeben und frühzeitig reflektieren, was unseren Stress auslöst. Wie wir Stress empfinden, ob wir ihn als Bedrohung oder als Herausforderung sehen, hängt stark von unserer Einstellung und unserem Lebensgefühl ab. Wie zufrieden sind wir generell mit unserem Leben?

Darüber hinaus gibt es ganz individuelle Stressauslöser, die bei uns automatisch ablaufende Reaktionen hervorrufen. Kleine Fallen, in die wir – ohne es bewusst wahrzunehmen – immer wieder mit Freude tappen. Insofern beginnt Stress auch im Kopf. Wie in vielen anderen Bereichen auch, kann ein möglicher erster Schritt sein, diese Reaktionsmuster zu enttarnen, um sie dann entmachten und verändern zu können. Sprich uns an, wenn du hier tiefer einsteigen möchtest!

Übung „Stress und Entspannung spüren“

Ich lade dich jetzt zu einer kleinen zweiteiligen Übung ein, Stress und Entspannung körperlich spürbar zu machen und darüber zu reflektieren.

Teil1:

Beantworte bitte folgende Frage für dich: Was sind die Dinge im modernen Leben, die für dich „richtig stressig“ sind?

Nimm dir ein paar Minuten Zeit, schließe die Augen und setze dich gedanklich ans Ufer deines Lebensflusses.

Lass alles vorbeischwimmen, was dein Leben stressig macht und schau es an. Was ist besonders belastend, wo merkst du, dass beim Nachspüren dein Körper eine Reaktion zeigt? Wo schlägt der Stress hin, auf den Bauch, auf die Ohren …?

Es kann sich lohnen, daraus für dich eine Liste der Dinge zu machen, die für dich negativen Stress bedeuten. Schreib sie auf und priorisiere sie. Du kannst sie brauchen, wenn wir nun diese Übung unter dem Gesichtspunkt der Entspannung machen. Aber nichjt direkt im Anschluss.

Pause machen, Teil 2 der Übung am besten erst am nächsten Tag, um Abstand zu den Stressoren zu haben.

Teil 2:

Denke nun bitte über die folgende Frage nach: Was sind deine Inseln der Entspannung?

Nimm dir ein paar Minuten Zeit, schließe die Augen und denke an die Dinge, die dir guttun.

Ist es komplette Stille, die dich entspannt, ist es ruhige Musik, dein Lieblingssong? Oder gehst du gern im Wald spazieren und nimmst mit allen Sinnen ein Waldbad?

Lass diese guten Dinge auf dich wirken und spüre nach, wie sich Entspannung in dir ausbreitet. Atmest du ruhiger, entspannen sich die Muskeln, der Nacken …?

Genieße den Moment der Entspannung. Lächelst du?

Prima! Wenn du nicht in die Entspannung kommen konntest oder nicht gut genug, ist es möglich, sie zu trainieren. Das Spektrum an Entspannungstechniken ist groß. Etwas Passendes findest du beim Ausprobieren von Meditation, autogenem Training, progressiver Muskelentspannung, Yoga oder, oder, oder.

Das Fazit:

Stress ist zunächst einmal eine gesunde Reaktion des Körpers auf Reize, die uns leben lässt, schützt und auch motiviert. Körper, Geist und Seele bilden eine Einheit, ein System, das gepflegt werden möchte. Durch positives Denken, eine gute Verbindung zu uns selbst und einen gesunden Lebensstil mit Bewegung und Entspannung, wie oben beschrieben. Dann dürfen wir auf unsere selbstregulatorischen Kräfte im Körper setzen, die uns nach einer jeden Stress-Situation wieder ins Gleichgewicht bringen. Unser Körper spricht mit uns – wir müssen ihn „nur“ verstehen und auf ihn hören.

Und hier zum Abschluss noch diese kleine Übung, die immer wieder gut für zwischendurch ist!

Übung: „Schenke dir selbst ein Lächeln“

  • Lächeln ist ein Miniurlaub für die Seele
  • Lächeln tut gut – deiner Seele, deinem Körper und deinem Geist
  • Schließe deine Augen, atme ein paar Mal tief durch die Nase ein und aus
  • Setze ein Lächeln auf deine Lippen und schenke dir selbst ein Lächeln – auch
  • Wenn dir gerade gar nicht danach zumute ist.
  • Spüre und erlebe, wie wohltuend sich die angenehme Wirkung des Lächelns in deinem Körper ausbreitet
  • Spüre, wo dein Lächeln in deinem Körper ankommt! Im Gesicht, in deinen Schultern, deinem Herzen, in deinem Bauch, im Becken, in den Beinen bis hin zu den Füßen.
  • Stelle dir vor, wie dein ganzer Körper lächelt. Welches Gefühl entwickelt sich in dir?
  • Vielleicht strahlst du innerlich und auch nach außen?
  • Nehme diesen Augenblick ganz bewusst wahr – genieße das Lächeln in dir und erfreue dich daran
  • Spüre, wie das Lächeln deinen Körper mehr und mehr entspannt und du mehr und mehr zur Ruhe kommst
  • Nach ein, zwei oder drei Minuten kehre zurück aus deinem Kurzurlaub ins Hier und Jetzt
  • Fühle die Frische und Erholung in deinem Körper
  • Schenke den Menschen um dich herum ein Lächeln und schau mal, was passiert.  Ich weiß, das ist gerade etwas schwierig mit einer Maske. Aber wenn du lächelst, lächeln auch deine Augen!

Viel Freude dabei – das wünsche ich dir.

Thomas

Lesetipps und Keywords

Tobias Esch: Der Selbstheilungscode (Beltz, 2017)

Derick Howell: Stress abbauen – Resilienz aufbauen (Taschenbuch 2020)

Mit Ernährung heilen: Podcast von Prof. Dr. Andreas Michalsen auf https://www.reformhaus.de/themen/gesundheit/ernaehrung/mit-ernaehrung-heilen-podcast/

 

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Bildnachweis pixabay: hamed mehrnik,  roxanawillams1920, pasja1000, mabel amber, benjamin balazs, peter h.

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