012 Selbstbewusstsein
Yes, I can!
Wenn du kein Vertrauen in dich selbst und deine Fähigkeiten hast, wie sollen andere dann Vertrauen in dich setzen? An dieser Frage „ist was dran“, magst du einräumen. Und doch suchen wir die Bestätigung, dass wir gut und richtig sind, oft nicht in uns selbst, sondern im Äußeren. Wir vergleichen uns mit dem Verhalten, den Leistungen, den Erwartungen und der Resonanz unseres Umfeldes: Familienmitgliedern, Freunden, Kollegen, Vorgesetzten oder auch prominenten Menschen ... Das kann einerseits sinnvoll sein, wenn diese Menschen inspirierend auf dich wirken und auf eine positive Weise motivieren, die eigene Komfortzone zu verlassen und neue Dinge auszuprobieren.
Führt, der Vergleich jedoch dazu, dass du dich minderwertig fühlst, weil du eben nicht genauso (vermeintlich) perfekt und erfolgreich bist, dann geht der Vergleich eindeutig in eine destruktive Richtung: Dein Selbstwertgefühl wird herabgesetzt, also genau das Gefühl, das dich eigentlich stark und wirksam macht.
Selbstwert. Selbstvertrauen. Selbstbewusstsein.
Meinen diese drei Begriffe eigentlich das gleiche? Sie sind eng miteinander verknüpft, haben aber unterschiedliche Nuancen. Der Selbstwert beschreibt die subjektive Wahrnehmung des Wertes der eigenen Person. Das Selbstvertrauen drückt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten aus, vor allem im Hinblick auf die Bewältigung künftiger Herausforderungen und beide Wahrnehmungen stärken das Selbstbewusstsein – also gemäß der Definition in der Psychologie, die Überzeugtheit in die eigene Person und die eigenen Fähigkeiten.
Die Philosophie definiert das Selbstbewusstsein ganz einfach: Wir Menschen sind uns über uns selbst bewusst – wir haben ein Bewusstsein dafür, dass wir Mensch sind, denkende, fühlende Wesen. Logisch, oder?
Was beeinflusst mein Selbstbewusstsein?
Warum ist vielen von uns dann die gute Beziehung zur eigenen Person verloren gegangen. Nichts anderes bedeutet doch Selbstbewusstsein – sich seiner selbst bewusst sein. Dazu gehört ein Gespür für die eigenen Fähigkeiten, Werte, Ziele – aber auch die weniger ausgeprägten Fähigkeiten werden bewusst wahrgenommen und – ganz wichtig – angenommen, ohne den eigenen Wert herabzusetzen. Keiner ist perfekt und für jeden von uns gilt es, eben das zu akzeptieren und sich an den Dingen zu erfreuen, die uns gut gelingen und diese angemessen wertzuschätzen.
„Sei du selbst. Alle anderen sind bereits vergeben.“
Oscar Wilde
Wie oben schon erwähnt, befinden wir uns oft im Außen mit unseren Bewertungen, Annahmen, der Einordnung von Verhalten und unserer Suche nach Anerkennung und Liebe. Das beginnt schon früh im Leben. Wir lernen von unseren Eltern, unserem Umfeld, der Kultur, in der wir aufwachsen, was als gut und richtig erachtet wird. Es bilden sich unsere Werte, und wir erfahren schnell, welches Verhalten ein Lob einbringt und welches einen Tadel. Sehr prägend sind dann auch unsere Erfolge und Misserfolge und wie unser Umfeld hiermit umgeht. Sind wir bestärkt worden Dinge auszuprobieren, auch auf die Gefahr hin, dass sie einmal nicht gelingen? Wie wurden „Misserfolge“ kommentiert? Haben wir zu hören bekommen „Das war ja klar, dass das schiefgeht.“ Oder „Lass mich das lieber machen – das kannst du ja doch nicht.“ Dass dies nicht förderlich für die Entwicklung eines gesunden Selbstvertrauens ist, liegt auf der Hand. So bilden sich Glaubenssätze, die sich auch im Erwachsenenalter noch bemerkbar machen – wenn sie nicht beizeiten enttarnt und widerlegt werden.
Wie drückt sich mangelndes Selbstbewusstsein aus?
Wachsen wir mit einem mangelnden Selbstwertgefühl auf, verkehrt sich unser Verhalten später unter Umständen entgegengesetzt zu dem, wie wir uns fühlen.
Du bist sicher auch schon Menschen begegnet, die sich um einen sehr selbstbewussten Auftritt bemühen und wo doch zu spüren ist, dass dieser Ausdruck nicht authentisch ist, sondern eher ein mangelndes Selbstvertrauen tarnen soll. Wird dies auf die Spitze getrieben, besteht die Gefahr, dass aus dem Opfergefühl unter Umständen eine Täterhaltung entsteht und andere Menschen herabgesetzt werden, damit der Nicht-Selbstbewusste sich überlegen fühlen kann. Narzissten beispielweise verfolgen eine solche Strategie.
Natürlich gibt es aber auch die ganz offensichtlich nicht selbstbewussten Menschen, die verunsichert auftreten, sich nichts zutrauen und dies auch so äußern. Sie glauben nicht, dass sie Dinge selbständig positiv beeinflussen können und haben Angstgefühle in vielfältiger Art: Angst vor Kritik, Ablehnung, Neuem, wahre Gefühle zu zeigen, nicht gemocht zu werden, sich lächerlich zu machen, zu versagen ...
Welches Verhalten kann noch die Auswirkung von mangelndem Selbstbewusstsein sein?
- Mangelnde Kritikfähigkeit
- Vergleich mit anderen
- Neid auf den Erfolg anderer
- Komplimente werden heruntergespielt oder als Heuchelei wahrgenommen
- Erfolge werden als von außen beeinflusst wahrgenommen (Glücksache)
- Misserfolge sind selbstverschuldet (eigene Unfähigkeit)
- Fokus auf Misserfolge
- Konfrontationen/Auseinandersetzungen werden vermieden
- Andere Meinungen werden als persönlicher Angriff eingeordnet
Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Selbstwert und Resilienz
Stell dir vor, ein Mensch, der über wenig Selbstvertrauen verfügt, hat eine Strategie entwickelt, sich irgendwie durchs Leben zu schlängeln. Dann wird er aus heiterem Himmel mit einer Krisensituation konfrontiert: Jobverlust, Krankheit, Unfall, Verlassen werden ... Wird diese Person sich zutrauen, mit dieser Situation gut zurecht zu kommen – glaubt sie daran, das Potenzial zu haben, auch diese Herausforderung gut zu meistern? Wohl eher nicht. Es ist wie ein negativer Kreislauf – Teufelskreis – aus dem in diesem Moment kein Ausweg zu erkennen ist.
Andersherum wird jemand, der in der Vergangenheit bewusst erlebt hat, dass er wirksam war, dass er Ziele, die er sich gesetzt hat, auch erreicht hat, auch an schwierige Situationen beherzt herangehen. Bewältigt er diese, stärkt das wiederum sein Selbstvertrauen und ein positiver Kreislauf wird in Gang gesetzt.
Kein Selbstvertrauen – keine Chance auf Resilienz?
Doch, denn auch Menschen, die über wenig Selbstvertrauen verfügen, können sich auf den Weg machen und – ggfs. mit professioneller Unterstützung – ein gesundes Selbstbewusstsein aufbauen. Wie jede Veränderung unserer eingeschliffenen Überzeugungen und Handlungen, bedeutet dies Arbeit, Konsequenz und Auseinandersetzung mit sich selbst – eine spannende Reise, auf deren Route wir Punkt für Punkt die Bausteine für ein befreiendes Selbstbewusstsein einsammeln können. Die Fähigkeit der Selbstwirksamkeit ist in jedem Menschen angelegt, manchmal ist sie aber verschüttet und muss erst wieder aktiviert werden!
Unterstützen kann hier beispielsweise die Betrachtung der Erfolge der Vergangenheit, die richtige Einordnung und Würdigung der eigenen Kompetenzen. Jeder von uns hat schon Dinge erfolgreich bewältigt, es gilt aber sie neu zu entdecken und die eigenen individuellen Fähigkeiten wahrzunehmen. Diese Stärken gilt es künftig in den Fokus zu stellen.
Sei gnädig mit dir und bewerte dich und deine Leistungen nicht zu streng. Mach doch mal spontan eine Liste von 10 Dingen, die du an dir magst. Das kann dein Lachen sein, ein beruflicher Erfolg, deine Haare, Eigenschaften ...
Glaubenssätze bergen die Gefahr uns zu blockieren
Kommt dir jetzt evtl. der Gedanke „Das macht man doch nicht“ oder „Eigenlob stinkt“, dann bist du in die Falle der Glaubenssätze getappt. Für manche ist Selbstbewusstsein eng mit dem Wort Arroganz verbunden; So erhält dieser kraftvolle, positive Begriff leider einen negativen Touch. Jeden von uns zeichnen Fähigkeiten, Eigenschaften, Attribute aus, die wir durchaus wahrnehmen und annehmen dürfen. Sie gehören zu einer 360° Betrachtung unseres Selbst dazu – ebenso wie die weniger ausgeprägten Fähigkeiten. Wer hat uns denn beigebracht, dass wir gerne immer darauf hinweisen dürfen, was wir nicht können – aber, bitteschön, ganz zurückhaltend und bescheiden sein sollten, wenn es um unsere besonderen Fähigkeiten geht?
Ein gesundes Selbstbewusstsein hat nichts mit Arroganz zu tun. Ein selbstbewusster Mensch, der sich seines Wertes bewusst ist und der in die eigenen Fähigkeiten vertraut, braucht keine Arroganz, um zu überzeugen. Diese Menschen beeindrucken vielfach durch ihre souveräne Art, die ausstrahlt, dass sie mit sich im reinen sind. Sie wissen die Einflüsse des Außen gut zu bewerten, hören sich fremde Meinungen und auch Kritik an, sind offen für Anregungen und lernen gerne dazu – denn sie wissen, dass niemand perfekt ist und stellen an sich selbst auch gar nicht diesen Anspruch. Und aus diesem Selbstverständnis heraus empfinden sie Impulse von außen nicht als Angriff oder Maßregelung, sondern eher als Chance der Weiterentwicklung.
Wer sich selbst gut kennt, kann also auch in Krisenzeiten einschätzen, was er selbständig bewältigen kann und in welchen Bereichen er Hilfe braucht. Selbstbewusste Menschen sind kein Superman/-women, sie schöpfen ihre Kraft aus dem Bewusstsein wer sie sind, was ihnen wichtig ist, was sie können und wo ihre Grenzen liegen. Und diese Verbundenheit mit sich selbst gibt auch in Krisenzeiten Orientierung.
Du siehst, es lohnt sich – gerade in unserer schnellen, oft hektischen Zeit – innezuhalten und sich auf den Weg zu sich selbst zu machen. Wir begleiten dich gerne dabei.
Eine erste kleine Übung, mit der du starten kannst
Neben der Liste, was du an dir magst, kannst du auch noch auf einer anderen Ebene ansetzen: Achte auf deine Körperhaltung!
Interessant ist, dass unsere Körperreaktionen in beide Richtungen funktionieren: Es geht mir schlecht, also drückt dies auch meine Körperhaltung z. B. mit hängenden Schultern aus. Nehme ich eine positive Körperhaltung ein – hebe z. B. den Kopf, straffe meine Schultern – dann sendet dies das Signal an mein Gehirn, dass es mir gut geht und ich mich wohl fühle.
Vielleicht kennst du bereits den "Stiftetrick", in dem ein Bleistift quer zwischen die Lippen/Zähne gelegt und dort gehalten wird. In dieser Übung werden die gleichen Muskeln aktiviert, die wir ansonsten bei einem Lächeln nutzen und tatsächlich suggeriert dies dem Gehirn: Freude ist angesagt.
Selbstverständlich zaubert die positive Körperhaltung nicht alle Unsicherheiten weg und legt den Schalter nicht einfach um. Es ist ein kleiner Baustein zu einer positiven Ausstrahlung – nach Außen und nach Innen.
Probiere es doch einfach mal aus! Beobachte über mehrere Tage, wie sich deine Körperhaltung in bestimmten Situationen verändert und steuere einmal bewusst mit positiven Impulsen dagegen, wenn du realisierst, dass deine Haltung gerade ins Negative driftet. Lass uns gerne an deinen Erfahrungen teilhaben. Wir sind gespannt, was dir auffällt.
Das Thema Körperreaktionen und -haltung ist ein sehr spannendes und hier nur kurz angerissen. Vielleicht bringen wir hierzu demnächst einen eigenen Blogbeitrag. Wie ist deine Meinung?
Beim nächsten Mal wartet aber zunächst ein spannendes Interview zum Thema „Gesundheit“ auf dich, das Thomas mit Monique geführt hat. Monique ist Gesundheits- und Ernährungsberaterin und war u. a. Dozentin an der Reformhaus-Fachakademie.
Du darfst gespannt sein. Bis dahin wünsche ich euch eine gute Zeit.
Eure Astrid
Und nicht vergessen: Vergleiche dich nicht mit anderen Menschen, sondern mit dem Menschen, der du gestern warst ;-)
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