020 Universum der Glaubenssätze
'Your only limit is your mind'
Etwas im alltäglichen Konsens zu glauben, kann z. B. beschreiben, dass wir nur eine Vermutung über einen Sachverhalt haben, jedoch keine konkreten Anhaltspunkte für unsere Annahme bestehen. Wenn ich z. B. einkaufen gehe und denke ich habe noch genug Milch für die nächsten Tag im Kühlschrank, kaufe ich keine weitere Milch mehr. Zu Hause stelle ich dann fest, dass nur noch wenig Milch vorhanden ist. Es ist also ein Glaube – kein genaues Wissen – der mich irregeleitet hat, keine Milch mehr zu kaufen!
Ähnlich verhält es sich auch mit vielen anderen alltäglichen Themen; erst wenn wir genauere Informationen über einen Sachverhalt haben, verwandelt sich der zuvor vorhandene Glaube in Gewissheit über eine Angelegenheit.
Kannst du dem zustimmen? Glauben heißt nicht Wissen!
Es lohnt sich mit Glaubenssätzen zu arbeiten
Die Positive Psychologie, die Thomas schon im Blog 018 beschrieben hat, ist ebenso wie die Macht der Gedanken, die Astrid im vorherigen Blog erläuterte, eng verbunden mit dem heutigen Thema ‚Glaubenssätze‘. Wie wir selbst über uns denken, welche Gedanken und Gefühle uns zu welchen Handlungen veranlassen, steht im direkten Zusammenhang mit unseren Glaubenssätzen.
Die Kultur, in der wir leben, spielt z. B. eine große Rolle in Bezug auf unsere Glaubenssätze, denn die Glaubenssätze drücken unsere inneren Überzeugungen aus. Sie beeinflussen unser Denken, Fühlen und Handeln, indem sie positiven oder negativen Einfluss nehmen, und zwar dadurch, wie wir Informationen aufnehmen und auf diese reagieren. Sie zeigen unsere Wahrnehmung und sind Spiegelbild unserer bewussten und unbewussten Überzeugungen.
Klaus Grochowiak und Susanne Haag berichten in ihrem Buch `Die Arbeit mit Glaubenssätzen` (Seite 13), von individuellen, familiären und kulturellen Glaubenssätzen. Sie schreiben: „kulturelle Glaubenssätze sind sozial gegliedert und zeichnen sich durch schichtenspezifische Glaubenssätze aus, die typisch für Fürsten, Bauern, Unternehmer, Arbeiter, Soldaten usw. sind.“ Weiterhin sprechen sie davon, dass die familiären Glaubenssätze ebenso wie die kulturellen einen großen Einfluss auf die Entstehung der individuellen Glaubenssätze haben, die auf Basis der individuellen Lebenserfahrungen des Einzelnen über sich selbst, die anderen Menschen und die Welt im Ganzen entstehen.
Du siehst also, Glaubenssätze können uns stärken oder schwächen. Sie können uns aber auch (vermeintliche) Sicherheit vermitteln. Unbewusste Glaubenssätze bilden den Rahmen von Normen, Werten und Regeln, aus denen viele Menschen einen großen Teil ihrer Gefühle von Sicherheit und alltäglicher Orientierung ziehen. Gewohnheitsmäßig orientieren wir uns also an unbewussten und nicht hinterfragten Leitlinien.
Die Glaubensätze hindern uns daran, bewusst zu handeln. Nur wenn wir die Muster, denen wir folgen, enttarnen, wird der Weg zu selbstbestimmtem Handeln frei. Die Arbeit mit Glaubenssätzen bietet hierfür die Basis. Sie folgt folgenden Zielen:
- Erhöhung der Handlungsfähigkeit durch neue Gestaltungskraft
- Gewinnung neuer Möglichkeiten und innerer Freiheit
- Erweiterung des geistigen Horizonts
Glaubenssätze – das Erbe aus unserer Kindheit?
Glaubenssätze entstehen meist in der Kindheit, beeinflusst durch die Familie, Schule, Freunde – durch das soziale Netz, in das wir eingebettet sind und begleiten uns oft unser ganzes Leben.
Als Kinder sind wir noch sehr nah an unseren Bedürfnissen und reagieren vollständig aus dem Gefühl heraus, wenn sich uns etwas in den Weg stellt. Als Erwachsene handeln wir eher kopfgesteuert. Doch unser Unterbewusstsein arbeitet im Hintergrund. Alle Erlebnisse prägen unsere Wahrnehmung und haben so Einfluss auf unsere Glaubenssätze.
Die Prägung eines Kindes geschieht in den ersten 7 Lebensjahren, durch Beobachtungen und andere Erfahrungen, die das Kind macht. Verbale und nonverbale Einflüsse und Botschaften wirken auf die Kinder ein. Dabei ist es sogar oft so, dass Eltern ihre eigenen Glaubenssätze auf ihre Kinder übertragen und die Kinder diese für sich selbst verinnerlichen – internalisieren.
Welche Glaubenssätze sich in uns festsetzen und verankern, hängt davon ab, wie wir von unserem sozialen Umfeld begleitet und gefördert werden. Erhalten wir positive Rückmeldung auf unser Handeln, unsere Gefühle und Gedanken, bilden sich leichter positive Glaubenssätze, z. B. wenn wir durch unsere Eltern, Lehrer, Nachbarn, Verwandte, auch Trainer oder Gruppenleiter in unserem Verhalten unterstützt werden. Das gibt positive Impulse, auch weiterzumachen, wenn es gerade mal nicht so gut läuft.
Du weißt bereits aus unseren früheren Beiträgen, dass eine gute Basis für eine resiliente Haltung eine Bezugsperson in der Kindheit ist, die uns unterstützt und an uns glaubt. Erkennst du einen Zusammenhang zu den folgenden positiven Glaubenssätzen?
Beispiele für positive Glaubenssätze:
„Ich bin gut, so wie ich bin.“
„Ich kann mein Leben meistern!“
„Ich kann dem Leben voll und ganz vertrauen!“
„Ich schaffe alles, was ich mir vornehme!“
„Meine Meinung ist wertvoll und wichtig!“
„Ich bin liebenswert!“
„Ich bin ein Gewinner!“
Diese Liste könnte auch weiter und weiter fortgesetzt werden.
Die Macht der negativen Glaubenssätze
Im Gegensatz dazu steht die Verankerung negativer Glaubenssätze. Wenn z. B. schon vor einer Klassenarbeit Druck von den Eltern aufgebaut wird: „Streng dich an, damit du das gut schaffst!“ könnte das von dem Kind so aufgefasst werden, dass die Eltern daran zweifeln, dass schon alles gut laufen wird. Das wiederum überträgt sich auf das Kind, so dass es wenig Vertrauen in sich selbst aufbauen kann und nicht an seine eigenen Fähigkeiten glaubt. Da ist das Resultat schon fast vorprogrammiert. Es bildet sich ein Glaubenssatz - leider ein negativer; und dieser hat direkten Einfluss auf weitere Handlungen, auf unser Selbstvertrauen und unser Leben.
Beispiele für negative Glaubenssätze:
„Ich schaffe das nicht!“
„Ich bin nicht gut genug!“
„Mir gelingt nichts!“
„Ich bin weniger wert als andere!“
„Ich bin nicht wichtig!“
„Ich bin nicht liebenswert!“
„Ich darf nicht versagen!“
„Ich bin ein Verlierer!“
„Jungen weinen nicht!“
„Ich gehöre nicht dazu!“
usw. …
Diese Liste könnte weiter und weiter fortgesetzt werden
Was, wie oben erwähnt, für die positiven Glaubenssätze gilt, gilt ebenso für die negativen. Sie können auch entstehen durch den Umgang miteinander in der Familie. Wird z. B. ein Kind in der Familie bevorzugt, kann bei dem Geschwisterkind schnell der Eindruck entstehen, nicht so viel Wert zu sein wie der Bruder oder die Schwester.
Dieses prägende Erlebnis führt im Erwachsenenleben dann unter Umständen dazu, dass man glaubt, weniger wert zu sein oder Dinge nicht verdient zu haben. Dieses Minderwertigkeitsgefühl spiegelt sich ggfs. später in vielen Lebenslagen und Situationen – vor allem auch im Beruf – wider. Oft kommt hier auch die selbst erfüllende Prophezeiung ins Spiel, und der Betroffene glaubt, hinreichende Beweise in seinem Leben zu finden, dass seine Glaubenssätze „wahr“ sind.
Alles beginnt mit einem Gedanken, und einen Gedanken kann man ändern. Louise Hay
Wir können die ,Macht‘ der negativen Glaubenssätze verändern und als ,Kraft‘ auf die positive Seite des Lebens lenken. Dafür ist es wichtig, die eigenen negativen Glaubenssätze zu erkennen und ganz bewusst damit zu arbeiten. Nur durch Bewusstsein können wir gezielte Veränderungen auf den Weg bringen. Es ist Arbeit, aber ist es nicht wunderbar, dass wir diese Chance haben?
Das Selbstwertgefühl, das Selbstbewusstsein und das Selbstvertrauen in sich und in das eigene Leben leiden ansonsten unter unserer eigenen Negativbewertung und verhindern ein erfülltes und glückliches Leben.
Das kannst du tun!
In dieser Übung geht es darum, alte Glaubenssätze – also alte Denkmuster - zu erkennen, sie zu verändern und neu zu denken.
Teil A: Entdecken der hinderlichen Glaubenssätze
Suche dir einen ruhigen Platz, an dem du ungestört bist. Setzte dich aufrecht und bequem hin, schließe die Augen und richte deinen Blick nach Innen.
- Jetzt reflektiere, wie deine Kindheit war: Glücklich, unglücklich oder teils/teils?
- Gab es Erlebnisse aus der Kindheit, die dir das Leben heute erschweren? Welche waren das konkret?
- Welche Überzeugungen/negative Glaubenssätze haben sich aufgrund dieser Situationen gebildet? Schreibe sie auf.
- Beispiel: „Im Sportunterricht wurden die Gruppen gebildet, und ich war immer der Letzte, der noch auf der Bank saß, und erst wenn keiner mehr verfügbar war, ins Team gewählt wurde.“ Hieraus könnte sich der Glaubenssatz gebildet haben: „Ich bin nicht gewollt! / Ich gehöre nicht dazu!“
Teil B: Arbeit mit dem Glaubenssatz
Schritt 1:
Wenn du einen Glaubenssatz identifiziert hast, mit dem du gerne arbeiten möchtest, beantworte dir die folgenden Fragen:
- Welche unangenehmen Gefühle verbinde ich mit diesem Glaubenssatz?
- Was habe ich im Leben alles verpasst, weil ich diesen Glaubenssatz habe? Was fehlt mir?
- Wird sich mein Leben verändern, wenn ich weiterhin an diesem Glaubenssatz festhalte? (Wo wirst du in einem Jahr stehen, wenn du den Glaubenssatz nicht veränderst? Schaue in den „Zukunftsspiegel“. Was siehst du?)
Schritt 2:
Stelle dir jetzt deine Zukunft vor, wenn du diesen negativen Glaubenssatz überwunden hast. Male dir dein Leben und die positiven Konsequenzen aus:
- Welchen Denkmustern werde ich folgen? Welche Gedanken werden sich zeigen?
- Welche positiven Glaubenssätze werde ich haben?
- Was werde ich nicht mehr tun?
- Mit welchen Menschen werde ich zu tun haben?
- Auf welche Menschen in meinem Umfeld werde ich ggfs. verzichten?
- Je nach Glaubenssatz kann es hilfreich sein, auch den neuen Tagesablauf zu imaginieren.
Schritt 3:
- Formuliere nun ein Ziel, das du in der Zukunft verfolgen möchtest. Sei bei der Formulierung deines Ziels so spezifisch wie möglich.
- B. Dein Glaubenssatz war: „Ich gehöre nicht dazu.“ Eventuell hast du es verpasst eine gute Beziehung zu deinen Kollegen aufzubauen. Dein Ziel könnte sein: „Ich möchte ein besseres Verhältnis zu meinen Kollegen aufbauen. Ich werde im nächsten Monat einen Stammtisch initiieren.“
- Unterstützend kannst du deinen alten Glaubenssatz aufschreiben, ins Gegenteil verkehren und so eine neue Affirmation bilden.
- (Z. B. „Ich bin nicht gewollt /ich bin es nicht wert, geliebt zu werden“ Umkehrung: „Ich bin ein wertvoller Mensch, verdiene es geliebt zu werden und dazuzugehören.“)
- Schreibe deine Affirmation auf, verändere sie wieder, wenn du spürst, es passt noch nicht genau für dich. Schaue dir „deinen Satz“ immer wieder an und verinnerliche ihn auf diese Weise.
Glaubenssatzarbeit ist sehr komplex und bedarf häufig der Unterstützung von außen, meist professioneller durch Therapeut:in oder Coach. Diese Übung ist also nur als Impuls zu verstehen, wie du dich dem Thema deiner Glaubenssätze nähern kannst.
So ist es mir ergangen
Auch ich habe erkannt, dass in mir mehrere negative Glaubenssätze schlummern. Ich habe mich gefragt, wie kann ich sie aufdecken und verändern? Einen nach dem anderen! Hier ein Beispiel, wie du auch vorgehen kannst.
Nachdem ich einige meiner Glaubenssätze enttarnt hatte, musste ich erkennen, wie viel Macht die alten Einflüsse – diese alten Glaubenssätze – in meinem Leben hatten. Mir hat geholfen, Beweise zu finden, dass es wirklich „nur“ Glaubenssätze sind, die mein Leben negativ beeinflussen, die mich in meinem Handeln einschränken und mich behindern, bestimmte Ziele zu erreichen.
Gleichzeitig habe ich auch Gegenbeweise gesucht, die aufzeigen, dass die alten Glaubenssätze keine Berechtigung mehr in meinem Leben haben. Ich habe versucht, mein Leben aus der Beobachterposition zu betrachten und Argumente und Informationen zu finden, die damals diese Glaubenssätze erzeugt haben. Welche Meinung andere und ich von mir selbst hatten und welche Empfindungen damals entscheidend waren, sodass sich diese negativen Glaubenssätze in mir festsetzen konnten? Mit dem Blick auf die Argumente, die dem Glaubenssatz entgegenstehen, konnte ich einen Schritt weitergehen und erkennen, dass die Grundlage gar nicht (mehr) gegeben ist und somit dieser Glaubenssatz keine Berechtigung mehr hat. Zugegeben, das hat gedauert.
Der Weg ist das Ziel
Der Weg der Veränderung ist lang, und der Schlüssel liegt in der Wiederholung. Man sagt, dass wir ca. zwei Monate der Wiederholung benötigen, bevor Dinge zur Gewohnheit werden und ca. 90 Tage, bis wir sie verinnerlicht haben. Dies sind freilich nur Richtwerte und können variieren.
Es gilt immer wieder zu prüfen, ob du noch auf dem Weg bist, oder ob du wieder zurückrutschst in alte Denk- und Verhaltensmuster. Dieses Bewusstsein ist der erste Schritt, Glaubenssätze zu entmachten, denn wenn du dir bewusst wirst, welchen Mustern du folgst, kannst du aktiv gegensteuern.
Diese Erfahrung habe auch ich in meiner eigenen Arbeit mit meinen Glaubenssätzen gemacht. Im Gegensatz zu früher kann ich jetzt ganz anders handeln – selbstbestimmter. Den neuen Glaubenssatz habe ich aufgeschrieben, für mich sichtbar aufgehängt und immer wieder daran gedacht und gearbeitet! Es gibt mir Kraft, mir immer wieder ins Bewusstsein zu holen, dass dieser alte, negative Glaubenssatz „ausgedient hat“, und sofort das neue Denkmuster zu füttern! (Dazu lies gern noch einmal die Geschichte von dem alten Indianer und seinem Enkel in Blog 008.)
Lass Dich nicht abhalten, heute noch zu starten, denn es lohnt sich!
Ich wünsche dir eine ganz neue Freiheit in deinem Denken!
Deine Roswitha
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