021 Kommunikation und Resilienz
Konstruktive Kommunikation fördert unsere Widerstandskraft
Kommunikation bedeutet viel mehr als „reden“ und meint neben dem miteinander sprechen auch die innere Kommunikation (Wie rede ich mit mir selbst?) sowie die nonverbale Kommunikation, wie z. B. die Körpersprache, die ebenfalls „spricht“ und von anderen „gelesen“ wird. Berühmt geworden ist, passend dazu, der Satz von Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren“. Gemeint ist, selbst wenn ich nicht spreche, stehe ich doch ständig im Austausch mit anderen und der Umwelt.
„Puh, das ist ja anstrengend, ständig zu kommunizieren!“, denkst du jetzt vielleicht, aber gute Kommunikation macht Freude – und sie stärkt unsere seelische Widerstandskraft, sprich Resilienz. Und darum geht es hier ja.
Du kennst bereits aus den bisherigen Blogs, dass es bei der Resilienz u. a. darauf ankommt, Akzeptanz zu wahren, optimistisch zu bleiben und positiv zu denken und zu fühlen. Schauen wir noch einmal kurz auf die sieben Säulen der Resilienz:
- Optimismus
- Akzeptanz
- Eigenverantwortung
- Selbstwirksamkeit
- Netzwerkorientierung
- Lösungsorientierung
- Zukunftsgestaltung
Bei welcher Säule spielt Kommunikation, so wie wir sie oben verstehen, eine Rolle? Stimmt, bei allen! Sie spielt bei jeder Säule mit, in unterschiedlich starker Ausprägung und manchmal mehr als innere, denn als Kommunikation nach außen, aber sie ist eben immer mit dabei.
Positiv ist besser als negativ
Und auch hier gilt – wie beim Denken – die Devise, bewusst positiv ist hilfreicher als negativ. Nehmen wir uns ein Beispiel aus dem Alltag: Es ist Samstagmorgen, wir haben gut geschlafen und gleich nach dem Aufwachen geht es darum, wie der Tag gestaltet werden soll. Du sagst dir vielleicht: „Boah, ich muss noch aufräumen, dann putzen und auch noch einkaufen“.
Vielleicht bist ein großer Fan dieser Tätigkeiten, dann Gratulation! Aber wenn es ein ungeliebtes Muss ist, dann hast du dir schon mal die Gute-Morgen-Laune ruiniert. Es geht auch anders. Wie wäre es mit: „Ich möchte gleich erst mal aufräumen und putzen, dann sieht die Wohnung wieder wunderbar aus und ich werde entspannt zum Einkaufen gehen und belohne mich dann mit einem leckeren Frühstück!“
Der Unterschied: Das „Ich muss“ hält dich in der Opferrolle, die positive Variante in der inneren Kommunikation bringt dich als aktiv und konstruktiv Handelnder da heraus.
Übung 1:
Beobachte dich und deine Familie, Freunde, Bekannte, Kollegen, wie sie mit sich und dir sprechen. Wenn dir ein „Du musst noch …“ begegnet, spüre nach, wie das auf dich wirkt. Überlege kurz, wie es positiver ausgedrückt werden könnte!
Diese positive Haltung in der Kommunikation verändert auch die Motivation im Beruf, wenn aus einem „Du musst noch …“ ein „Wir können etwas tun, damit …“ wird.
Konstruktive Kommunikation fördert die Widerstandskraft
Ein sehr schönes Kommunikationsbeispiel aus dem Business habe ich auf einer Schweizer Fachhochschul-Website dazu gefunden:
„Ein Beispiel in einer Unternehmenskommunikation zu einem Umsatzeinbruch könnte negativ formuliert so sein: „Die Umsätze sind eingebrochen und das drückt auf unsere finanzielle Situation. Wenn sich das nicht ändert, müssen wir Konsequenzen ziehen.“
Die bewusst konstruktiv gewählte Formulierung, die sich an den sieben Säulen orientiert, wirkt dagegen viel ermutigender:
- Akzeptanz: „Die Umsätze sind eingebrochen und es ist, wie es ist.“
- Optimismus: „Wir haben schon mehrere Krisen überstanden, und wir werden bald wieder positive Zahlen sehen.“
- Verlassen der Opferrolle: „Wir lernen daraus.“
- Lösungsorientierung: „Wir suchen gemeinsam nach Wegen, um neue Umsätze zu generieren oder Prozesse zu optimieren.“
- Verantwortung: „Wir reden nicht nur, wir tun es auch.“
- Netzwerk: „Wir binden Mitarbeitende ein, um Lösungen zu erarbeiten.“
- Zukunftsorientierung: „Das Unternehmen wird sich erholen und die Maßnahmen werden in den nächsten zwei Jahren umgesetzt.“
Es geht darum, eine Denkweise einzunehmen, die unsere Widerstandsfähigkeit stärkt.“ (Kalaidos Fachhochschule AG, Zürich)
Übung 2:
Beobachte dein und das Verhalten deiner Mitmenschen in einer solchen Fragesituation. Wie antwortest du? Überlege, welche alternative Möglichkeit du gehabt hättest.
Da ist die Sache mit der Nachricht und der Botschaft …
Du kennst uns, wir haben den Anspruch, die praktischen Seiten unserer Themen immer auch mit Theorie zu unterfüttern. So kannst du, wenn es dich interessiert, immer auch Hintergründe selbst weiter erforschen.
In der Kommunikationspsychologie gibt es ein Standardwerk, das über Jahrzehnte schon Bestand hat und weiterentwickelt wird. Es heißt: „Miteinander reden“, und der Mann, der es geschrieben hat, heißt Friedemann Schulz von Thun. An ihm kommt man nicht vorbei, wenn man sich mit Kommunikation beschäftigt.
Ich hatte oben erwähnt, dass wir häufig das Problem haben, dass unser Gesagtes beim andern nicht so ankommt, wie es gemeint war. Friedemann Schulz von Thun erhellt gleich zu Anfang in Buch 1 „Miteinander reden“, was alles in der Nachricht eines Sendenden steckt und wie das mit dem Empfang beim anderen funktioniert. Wer das im Kopf behält, der hat schon mal was Wichtiges verstanden.
Schulz von Thun spricht von den „Vier Seiten einer Nachricht“.
Das sieht im „Modell der zwischenmenschlichen Kommunikation“ dann so aus
(Schulz von Thun, Miteinander reden, 1981, Seite 15)
Das Beispiel eines Gesprächs von Peter und Marion am Frühstückstisch verdeutlicht was gemeint ist. „Marion, das Salz ist alle.“ Was will Peter Marion mitteilen?
Der Sachinhalt (Worüber Peter informiert) ist schnell gefunden:
„Es ist kein Salz mehr da.“ Wenn es um den Austausch von Informationen und Fakten geht, steht diese Seite im Vordergrund. Die anderen Ebenen schwingen aber immer mit.
Der Appell (Wozu Peter Marion veranlassen möchte) ist auch klar:
„Marion, hole bitte neues Salz.“
Die Selbstoffenbarung (Was Peter von sich selbst kundgibt) könnte sein:
„Ich brauche Salz zum Essen,“ „Ich bin bequem,“ bis zu: „Ich lasse gerne andere für mich arbeiten.“ Mit jeder Aussage geben wir immer auch etwas von uns preis. Daher ist diese Seite besonders sensibel: Ich mache mich dadurch greifbar, aber auch angreifbar.
Die Beziehung (Was Peter von Marion hält und wie sie zueinander stehen) könnte sein:
„Ich brauche deine Unterstützung.“ „Du umsorgst mich immer so fein.“
Diese Seite wird oft erst durch die nonverbale Kommunikation oder die Betonung deutlich. Mit dieser Ebene wird häufig grundlegend beeinflusst, wie die Kommunikation verläuft – ob sich jemand gut oder schlecht behandelt fühlt.
Somit wird schnell klar, eine Nachricht hat mehrere Seiten, der Absender kann durch Betonung und Körpersprache unterschiedliche in den Fokus stellen und dadurch entstehen selbst bei Kurznachrichten unterschiedliche Qualitäten.
Du solltest, um es deinem Gegenüber nicht zu schwer zu machen, möglichst eindeutig sein. Das bedeutet auch, dass deine Mimik, Körperhaltung und Betonung zum Gesagten passen. Wer lächelt und mit hängenden Schultern sagt, „Mir geht es schlecht gerade!“ sorgt für Stirnrunzeln beim Empfänger.
Wir haben zwei Ohren, hören aber mit vier
Beim Hören prallen also alle 4 Seiten einer Nachricht auf den Empfänger ein. Eigentlich bräuchten wir also vier Ohren! Sähe aber nicht gut aus …?
Je nachdem welche Seite der Empfänger heraushört, wird er unterschiedlich reagieren. Und das kann von persönlichen Erfahrungen, der (Kommunikations-)Persönlichkeit des Empfängers aber auch ganz simpel von der Tagesform abhängen. Du kennst das sicher auch, an manchen Tagen hören wir „die Flöhe husten“, dann ist das Sachohr geradezu taub, und an anderen Tagen sind wir ganz gelassen.
Jetzt könnte man durchaus sagen, die Macht der Kommunikation liegt beim Empfänger, denn er entscheidet (unbewusst) wie er eine Nachricht deuten möchte. Der Spruch „Du drehst mir das Wort im Mund um“ kommt nicht von ungefähr. Daher hier noch einmal unser Appell an den Absender: Bemühe dich, dich möglichst klar auszudrücken und wenig Spielraum für Interpretation zu lassen. Und für den Empfänger: Frage nach, wenn dir etwas nicht klar ist – nicht gleich das Schlimmste annehmen.
Damit beende ich meinen Blog-Beitrag fürs Erste. Wenn du nun „angepiekst“ bist und noch mehr wissen möchtest, schau gern weiter in die Tiefe der Kommunikationstheorie. Das Schulz-von-Thun-Buch ist sehr gut verständlich.
Wir kommen hier aber sicher auch noch mal zurück auf das Thema.
Fazit:
Einerseits kann Kommunikation kompliziert sein, und die Gefahr besteht, Eindrücke/Gefühle zu zerreden. Andererseits besteht die Möglichkeit, zu experimentieren und durch Beobachtung und Achtsamkeit im Umgang miteinander, ständig dazuzulernen.
Offenheit und Unvoreingenommenheit in der Kommunikation, Feedback einfordern und viel Nachfragen sind die Schlüssel für mehr Resilienz im Umgang miteinander!
Am Ende noch ein kleines Beispiel, in dem ein klitzekleines Komma, das fehlt, entscheidend für die Botschaft ist:
„Komm, wir essen Opa!“
Oha, ihr Kannibalen! Dann doch lieber: „Komm, wir essen, Opa!“, oder?
Viel Freude am Ausprobieren und miteinander reden wünscht dir
Thomas
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Zum Weiterlesen:
Paul Watzlawick: Man kann nicht nicht kommunizieren, Hogrefe 2015
Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden, 4 Bände, Rowohlt rororo 2014
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